Klimaschutzgesetz 2021

Prof. Dr. Claudia Kemfert, Energieökonomin. © Foto: Oliver Betke

Was für ein Paukenschlag, ein Highlight in Punkto Klimaschutz jagt das nächste: Erst startet der neue US Präsident Biden ein fulminantes Comeback auf der internationalen Klimaschutzbühne und zeitgleich reihen sich Länder mit in seinen Bann der globalen Klima-Allianz. Wenn auch so manche Ankündigung mit Vorsicht zu genießen ist, so bleibt doch eins: ein zurück zu der „kein Klimaschutz“-Welt, in der „laissez faire“ und das Recht der stärkeren fossilen Gesellschaft dominiert, scheint vorbei zu sein.

Eine Zeitenwende.

Und dann das: das Bundesverfassungsgericht urteilt ist einem historischen Urteil, dass Klimaschutz ist ein Grundrecht ist, Freiheit bedeutet, die zukünftigen Generationen nicht zu schädigen und der deutsche Gesetzesgeber nachbessern muss, deutlich nachbessern.
Das deutsche Grundgesetz mit Artikel 20a sieht ja vor, dass der Staat das Vorsorgeprinzip umsetzen und zukünftige Generationen vor dem Klimawandel schützen muss und unnötige Lasten nicht auf zukünftige Generationen verschieben darf. Alle politischen Entscheidungen müssen somit im Einklang stehen mit den vereinbarten Nachhaltigkeits- und Klimazielen. Die bisherige Gesetzesregelung ist nicht ausreichend. Die Klimaschutzziele müssen für die kommenden Jahrzehnte, auch nach 2030, eindeutig definiert werden.
Die Karlsruher Richter bestätigen unsere Forschungsergebnisse, des Sachverständigenrats für Umweltfragen, dass Klimaschutz im Einklang stehen muss mit einem maximalen Treibhausgasbudget, welches uns gemäß der Klima-Beschlüsse noch zur Verfügung steht. Die Richter haben damit völlig zu recht den notwendigen wissenschaftlichen Kenntnisstand als Grundlage für ihre Begründung aufgegriffen. Dieses Urteil schafft endlich juristische Klarheit und macht deutlich, wie bedeutsam der Klimaschutz für alle Generationen ist.
Das Urteil ist somit auch eine Niederlage für die Bremser des Klimaschutzes in der Regierung. Klimaschutz erfordert rasches Handeln und duldet keinen Aufschub.
Eine Zeitenwende. Bahnbrechend. Und wirklich historisch. Zum ersten Mal haben wir echte Generationengerechtigkeit. Die wahre Schuldenbremse ist der Klimaschutz.

Was bedeutet dies nun ganz konkret?

Das höchstens zulässige CO2 beträgt noch ca. 6,7 Gt CO2-Emissionen. Dies bedeutet: maximal sieben Jahre weiter so. Also müssen die Emissionen so schnell wie möglich auf Null gesenkt werden!

  1. Mindestens Verdreifachung der jährlichen Ausbauraten für erneuerbare Energien!
    Um eine Ökostromlücke zu vermeiden, müssen die Ausbauraten für Windenergie mindestens verdreifacht werden. Somit sollten so schnell wie möglich die Ausschreibungsmengen nochmals angehoben werden auf mindestens 10 GW pro Jahr für Wind- und 20 GW für Solarenergie, wie eine jüngst vorgestellte Studie der Scientists for Future belegt. Nicht nur weil Europa die Klimaziele nochmals verschärft hat und Deutschland schnell nachlegen muss, sondern vor allem, da die Bundesregierung den zukünftigen Strombedarf deutlich unterschätzt.
  2. Verkehrswende mit Verkehrsvermeidung, -verlagerung und -optimierung
    Statt Placebo-Verbote brauchen wir einen breiten Maßnahmenstrauß: eine Förderung des Schienenverkehrs, des ÖPNVs, einen Ausbau der Fahrrad- und Fußwege, und der Ladeinfrastruktur. Zudem brauchen wir eine streckenbezogene Pkw-Maut, höhere Diesel- samt CO2-Steuern, strengere CO2-Flottengrenzwerte für die Autoindustrie sowie eine E-Auto-Quote von 25 % ab sofort und von 50 % ab 2025.
  3. Die Industrie muss dekarbonisiert werden und auch mittels Wirtschaftshilfen auf emissionsfreie Energien umstellen.
    Grüner Wasserstoff ist ein Baustein. Um den herzustellen, müssen erneuerbare Energien genutzt werden, diese also noch schneller ausgebaut werden.
  4. Die Landwirtschaft konsequent auf Nachhaltigkeit umstellen, Wälder, Artenschutz und Biodiversitäten stärken

Wir haben kein Erkenntnis- sondern ein Umsetzungsproblem. Wir haben mindestens 15 Jahre verloren und schieben die Anforderungen den kommenden Generationen zu. Das ist nun vorbei. Nun gilt es Ärmel hochkrempeln, ganz im Sinne von Mondays for Future Klimaschutzpläne im Großen wie im Kleinen erarbeiten und gemeinschaftlich umsetzen. Dieser Tage hat der erste Klima-Bürgerrat seine Arbeit aufgenommen. Auch die Bundesregierung muss nachsitzen – die kommende Regierung hat eine lange To-Do Liste.

Wir alle sind gefordert unseren Beitrag zu leisten, in unserem individuellen Konsumverhalten, aber auch als politisch engagierte Bürgerinnen und Bürger. Jedes Unternehmen, jeder Verein, jede Schule, jede Nachbarschaft ist die Keimzelle einer klimagerechten Welt. Beitrag ist wichtig. Wie das konkret aussehen kann und was dabei zu bedenken ist, steht in meinem Buch „Mondays for Future“ wo ich 53 Tipps für den Anfang gebe.

Wir sind alle gewillt mitzuhelfen. Es liegt ein Stück Arbeit vor uns, die anstrengend ist, uns alle aber einen enormen Schritt vorwärts bringen wird. Lasst uns gemeinsam anpacken. Dann können wir auch gemeinsam das Erntefest feiern. Für die Zukunft. Lets do it!

Prof. Dr. Claudia Kemfert
Energieökonomin

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